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Das Baugrundrisiko aus der Sicht des Juristen
Immer wieder entstehen Mängel am fertigen Bauwerk, die ihre
Ursache im Gründungsbereich haben. Viele Bauherren und Auftraggeber wissen
nicht, dass sie die gesetzliche Pflicht zur Klärung der Boden- und Wasserverhältnisse haben.
Nach §645 BGB kann der Unternehmer auch dann für eine geleistete Arbeit
eine entsprechende Detailvergütung verlangen, wenn das Werk vor der Abnahme infolge
eines Mangels des vom Besteller gelieferten Stoffes untergegangen,
verschlechtert oder unausführbar geworden ist. Diese gesetzliche Wertung hat die
VOB übernommen und in §9, Nr. 5, Abs. 3 VOB/A präzisiert. Nach dieser Vorschrift
sind die für die Ausführung der Leistung wesentlichen Verhältnisse der
Baustelle, z.B. Boden- und Wasserverhältnisse, so vom Auftraggeber zu
beschreiben, dass der Bewerber ihre Auswirkungen auf die bauliche Anlage und die
Bauausführung hinreichend beurteilen kann. Hierbei wird im Grundsatz
aufgezeigt, dass der Auftraggeber das Risiko für die Boden- und
Wasserverhältnisse allein zu tragen hat. Er muss als Teil der ihm
obliegenden und dem Auftragnehmer zur Verfügung zu stellenden Planung (§3, Nr. 1
VOB/B) alle für den Bieter und seine Kalkulation (z. B. Geräteeinsatz)
wesentlichen Verhältnisse beschreiben. Insoweit kann der Auftraggeber im
Einzelfall verpflichtet sein, zur Feststellung der an der Baustelle vorhandenen
Boden- und Wasserverhältnisse ein Gutachten einzuholen. Dies hat so rechtzeitig
zu geschehen, dass das Gutachten den einzelnen Bietern bereits mit den
Verdingungsunterlagen mitgeteilt werden kann (§17, Nr. 4, Abs. 1 VOB/A).
Wasserrechtliche Vorschriften
In der Neufassung von §9 VOB/A vom September 1988 ist zwar der
früher in §9, Nr. 4, Abs. 4 vorhandene Hinweis nicht mehr enthalten, dass der
Auftraggeber erforderlichenfalls auch die zu beachtenden wasserrechtlichen
Vorschriften anzugeben hat. Diese Verpflichtung des Auftraggebers ergibt sich
jetzt aus der Verweisung in §9, Nr. 4, Satz 2 auf den Abschnitt 0 der
Allgemeinen Vertragsbedingungen für Bauleistungen DIN 18299 ff. Hier ist in
Ziffer 0.1.9 ausdrücklich festgehalten, dass zu den Angaben zur Baustelle auch
die besonderen wasserrechtlichen Vorschriften gehören, da vom einzelnen Bieter
nicht erwartet werden kann, dass er Kenntnis von den wasserrechtlichen
Bestimmungen der einzelnen Bundesländer hat. Hinzu kommt die erweiterte
Betrachtung aller Entnahmen und Einleitungen in Fließgewässer, die durch die
EUWRRL (EU-Wasserrahmenrichtlinien) neu formuliert wurde und nun in die
einzelnen Landesgesetze eingeht.
Rechtsfolgen bei Verstoß gegen die Beschreibungspflicht/
Rechtssprechung im Beispielfall
Verletzt der Auftraggeber die dem Auftragnehmer gegenüber
bestehende Verpflichtung zur Kennzeichnung der Bodenbeschaffenheit und der
Wasserverhältnisse, können sich für ihn einschneidende rechtliche Nachteile
ergeben. Bei Hindernissen, die sich während der Ausführung der Bauarbeiten aus
dem Baugrund ergeben, können für den Auftragnehmer Rechte aus dem Gesichtspunkt
der Behinderung, insbesondere Schadensersatzansprüche nach §6, Nr. 6 VOB/B
entstehen. Der Auftraggeber kann darüber hinaus mit zusätzlichen
Vergütungsansprüchen für die Behebung solcher Hindernisse belastet werden. Nach
der Fertigstellung des Bauvorhabens stehen dem Auftraggeber in Bezug auf Mängel
aus dem Baugrund keine Gewährleistungsansprüche zur Verfügung.
In einem von der Rechtsprechung entschiedenen Fall hatte der
Auftragnehmer ein Haus auftragsgemäß mit einer Betonwanne versehen, die eine
Sockelhöhe von 50cm aufwies. Diese - der Planung entsprechende Höhe - war zu
gering, so dass später Wasser in den Keller eindringen konnte. Das
Oberlandesgericht hat den Bauunternehmer in Anwendung des Grundsatzes, dass die
Gewährleistungspflicht des Auftragnehmers kein Verschulden voraussetzt,
verpflichtet gehalten, die Mängel zu beseitigen. Der BGH hat das Urteil aber
aufgehoben und darauf hingewiesen, dass es Sache des Auftraggebers war, die
Boden- und Wasserverhältnisse zu ermitteln und in der dem Auftragnehmer
übergebenen Planung entsprechend zu berücksichtigen. Für einen etwaigen
Planungsfehler des für den Auftraggeber tätigen Architekten hat aber im
Verhältnis zum Auftragnehmer der Auftraggeber selbst einzustehen (Schäfer/Finnern,
Z 2.414.0 Blatt 8).
Mitverantwortung des Bauunternehmers/Auftragnehmers des
Architekten und Statikers
Auch der Auftragnehmer ist im Hinblick auf die Beurteilung des
Baugrunds nicht von jeder Verantwortung frei. Er darf sich nicht blindlings auf
die Planung verlassen. Findet der Auftragnehmer im Rahmen der Ausführung nicht
tragfähige Bodenschichten vor, so ist er nach §4, Nr. 3 VOB/B verpflichtet, die
Bedenken dem Auftraggeber unverzüglich mitzuteilen. Wenn der Auftragnehmer seine
Prüfungs- und Mitteilungspflicht verletzt, hat er für spätere Mängel zwar zu
haften, kann dem Auftraggeber aber auch ein Mitverschulden entgegenhalten.
Fehlen dem Architekten die Kenntnisse über Wasser- und
Bodenverhältnisse, so gehört es zu den Pflichten des Architekten, sich diese
Informationen in geeigneter Weise zu beschaffen. Ist der Architekt aufgrund
seines eigenen Fachwissens nicht in der Lage, sich eine abschließende Gewissheit
über die Gründungsverhältnisse zu verschaffen, so muss er den Bauherrn
entsprechend aufklären. Er muss zur Einschaltung eines Sonderfachmanns raten,
der die erforderlichen Leistungen zur Baugrundbeurteilung und Gründungsberatung
(§92, HOAI) erbringen kann.
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